Landwirtschaftsministerin Barbara Otte-Kinast setzte sich bei der EU für niedersächsische Agrarthemen ein
Veröffentlicht von RHP in News · Samstag 19 Mär 2022 · 3:15
Tags: Milchmarkt, Tierschutz, Carbon, Farming
Tags: Milchmarkt, Tierschutz, Carbon, Farming
Hannover/Brüssel.
Milchmarkt, Tierschutz und Carbon Farming standen
im Mittelpunkt einer virtuellen Brüssel-Reise der niedersächsische
Landwirtschaftsministerin Barbara Otte-Kinast. Angesichts zahlreicher
drängender Herausforderungen in der Agrar- und Ernährungsbranche führte
Otte-Kinast Gespräche mit Kommissionvertretern.
Den Auftakt bildete eine
Videokonferenz mit Christian Holzleitner von der Generaldirektion CLIMA der
EU-Kommission über Carbon Farming. Bei Carbon Farming handelt es sich um
Maßnahmen, um die Kohlenstoffspeicherung in land- und forstwirtschaftlich
genutzten Böden zu verbessern. Christian Holzleitner betonte, dass Carbon
Farming als Ergänzung zur Reduzierung der Kohlenstoffemissionen einen
wertvollen Beitrag zum Klimaschutz leisten könne. Eine verbesserte Bearbeitung
der Böden erhöhe die Biodiversität und könne die Klima-Resilienz der
Landwirtschaft vergrößern.
Er betonte auch, dass es bei Carbon
Farming großen Forschungsbedarf gebe und es sich lediglich um ein interessantes
Zusatzeinkommen für landwirtschaftliche Betriebe handelt.
In dem Gespräch wurde jedoch auch
deutlich, dass es noch zahlreiche offene Fragen zum Carbon-Farming und
insbesondere zum geplanten Zertifizierungsrahmen der EU gibt. In ihrer
Strategie für „nachhaltige Kohlenstoffkreisläufe" vom Dezember 2021 hatte die
Kommission diesen für Ende 2022 angekündigt. Christian Holzleitner betonte,
dass es sich hierbei nur um ein Rahmenwerk handeln wird. Die genaueren
EU-Richtlinien für Praktiken, wie die für Niedersachsen besonders relevante
Wiedervernässung von Mooren, sollen dann zu einem späteren Zeitpunkt erlassen
werden.
Als Gastrednerin sprach Ministerin
Barbara Otte-Kinast bei der European Dairy Association Policy Conference. Ihre
Rede zu regionalen Ansätzen für die Zukunft der Landwirtschaft und für den
Milchsektor begann die Ministerin mit einer Verurteilung der russischen
Invasion der Ukraine und eine Solidaritätsbekundung für alle Menschen, die
unter den Folgen des Krieges leiden müssen. Dass sich dieser zunehmend auf die
Landwirtschaft auswirkt, wurde auch bei dieser Fachkonferenz deutlich. Wichtig
sei für landwirtschaftliche Betriebe ein ausgeglichenes Kräfteverhältnis mit
dem Handel. Regionale Wirtschaftskreisläufe spielten dabei angesichts des
Krieges und der Pandemie eine wichtige Rolle für stabile Lieferketten. Die
Ministerin versprach, dass sie sich in Niedersachsen, beim Bund und auf
EU-Ebene weiter dafür einsetzen werde, dass Strukturbrüche verhindert werden.
Zum Abschluss der virtuellen Reise
ging es um Tierschutzregelungen im Geflügelbereich. In einer Videokonferenz mit
Claire Bury, der stellvertretenden Generaldirektorin der Generaldirektion SANTE,
warb die Ministerin bei der Kommission für ein einheitliches Vorgehen in der EU
beim Ausstieg aus dem Kükentöten. In Deutschland ist diese Praxis aus ethischen
Gründen seit dem 1. Januar 2022 verboten. Otte-Kinast wies auf ein von
Niedersachsen gefördertes Projekt der TU Dresden hin, mit dem das Geschlecht im
Ei am Tag 5,5, und damit vor dem Eintritt des Schmerzempfindens des Embryos, bestimmt
werden kann.
Momentan
werden diese Verfahren zur Geschlechtsbestimmung im Ei noch nicht eingesetzt
und somit müssen seit Januar die männlichen Legehybriden aufgezogen werden. In
Niedersachsen sind es momentan ca. 15 Mio. „Bruderhähne", die unter die
Masthühnerrichtlinie fallen (2007/43/EG). Aus Sicht des niedersächsischen
Landwirtschaftsministeriums muss dies dringend geändert werden, weil diese
Legehybriden im Vergleich zu Masthühnern viel kleiner und leichter sind. Da die
erlaubte Besatzdichte sich nach dem Gewicht richtet, ist die Haltung von fast
hundert Bruderhähnen pro Quadratmeter erlaubt. Das sei aus Tierschutzgesichtspunkten kaum hinnehmbar. Die Bruderhähne sind auch agiler und
aggressiver und entwickeln leicht Verhaltensstörungen wie Federpicken und
Kannibalismus. Deshalb dringt Barbara Otte-Kinast auf eine Anpassung der
Richtlinie, um die Besatzdichte zu verringern und ein Angebot an
Beschäftigungsmaterial verpflichtend zu machen. Aus ihrer Sicht sollten für
„Bruderhähne" die gleichen Haltungsvorschriften gelten wie für Junghennen. Zum
Ende des Gesprächs setzte sich die Ministerin noch für Mindestanforderungen an
die Haltung von Mastputen ein, um Wettbewerbsverzerrungen innerhalb der EU zu
verhindern.